Mehr Effizienz bei der Isolierglasfertigung
Das Isolierglas mit Warmer Kante ist ein technisch ausgereiftes Produkt für einen hart umkämpften Markt, der durch niedrige Margen, Fachkräftemangel und Billigimporte sowie aktuell durch Lieferengpässe und steigende Materialkosten gekennzeichnet ist. Welche Hebel der Verarbeiter und Isolierglashersteller hat, um in diesem volatilen Umfeld Effizienz und Produktqualität zu steigern, erklärt Christoph Rubel, European Technical Manager bei der Heinsberger Edgetech Europe GmbH, anhand des flexiblen Super Spacer® Abstandhalter Systems.
Die skandinavischen Länder waren die Vorreiter bei der Dreifachverglasung und der Rest Europas hat nachgezogen. In der Schweiz und Österreich sind hochwertige Energiesparfenster praktisch der Standard und in Deutschland werden nach aktuellen Angaben der Branchenverbände rund drei Viertel der Fenstereinheiten in neuen Wohn- und Nichtwohngebäuden als 3-fach Verglasung ausgeführt. In einer ähnlichen Größenordnung bewegt sich der Anteil für thermisch optimierte Abstandhalter. Sie verhindern die Bildung von Wärmebrücken am Rand des Isolierglases über die wertvolle Energie verloren geht. Wer sich für eine Warme Kante mit Passivhaus-Zertifikat entscheidet – sei es als Verarbeiter, Architekt, Bauträger oder Eigentümer – entscheidet sich für ein ausgereiftes, zukunftsfähiges Produkt und kann sich den Vergleich der PSI-Werte bis auf die dritte Stelle hinter dem Komma weitestgehend sparen. Alle diese Produkte tragen maßgeblich zu niedrigen U-Werten und damit geringeren Heiz- und Kühlkosten sowie verbessertem Raumklima bei. Darüber hinaus treten Tauwasser und Schimmelbildung am Glasrand praktisch nicht mehr auf.
Hebel 1: Der Aufbau des Randverbunds
Der Satz „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“, gilt auch für den Randverbund. Der Abstandhalter und seine Trockenmittelkapazität sind in Verbindung mit Primärdichtung und Sekundärdichtstoff ein wesentliches Element für Wasserdampf- und Gasdichte und energetische Performance der Isolierglaseinheit über das gesamte Produktleben, das nach verbreiterter Meinung auf mindestens 25 Jahre ausgelegt ist.
Die unterschiedlichen Abstandhalter-Technologien am Markt lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen, die allerdings erhebliche Unterschiede bei der Isolierglasfertigung mit sich bringen: starre Hohlprofile, die mit Trockenmittel befüllt und zu Abstandhalterrahmen zusammengesetzt werden sowie flexible Systeme, die bereits ein Trockenmittel enthalten. Flexible thermoplastische Abstandhalter aus Polyisobutylen werden im heißen Zustand aus einem Fass auf die Glasscheibe aufextrudiert, Abstandhalter aus Silikon-Strukturschaum kommen vorgefertigt von der Rolle und werden ebenfalls automatisch entlang der Glaskante appliziert. Bei flexiblen Abstandhaltern entfallen die Produktionsschritte Profile schneiden, biegen und zusammenstecken sowie Trockenmittelbefüllung und das separate Butylieren außerhalb der Isolierglaslinie.
Abstandhalter müssen gegen Wind- und Klimalasten, UV-Strahlung, Temperatur sowie mechanische Beanspruchung beständig sein und mit den jeweiligen Dichtstoffen wie PU, Hot-Melt-Butyl oder Silikon eine dauerhafte Verbindung eingehen. Es darf weder Gas aus dem Inneren entweichen noch Feuchte durch den Randverbund in das Isolierglas eindringen. Last but not least übernimmt der Randverbund auch Verantwortung für die strukturelle Integrität von Glaskonstruktionen in der Fassade.
Super Spacer® struktureller Silikonschaum macht den Randverbund flexibel, federt quasi den Druck ab und die Bruchgefahr für das Glas wird deutlich reduziert. Weniger Belastung im Randverbund bedeutet bessere Dichtigkeit und Langlebigkeit der Glaseinheiten. Der ganze oder teilweise Ausgleich der auf den Randverbund einwirkenden Lasten ist ein Vorteil, den im Vergleich zu rigiden Abstandhaltern speziell die vorgeformten Abstandhalter mit integriertem Trockenmittel wie Edgetech Super Spacer® TriSealTM für sich beanspruchen können.
Die Materialeigenschaften weist der Hersteller mit entsprechenden Prüfungen nach. So haben wir bei Edgetech/Quanex zum Beispiel die Scherbelastungsfähigkeit getestet. Eine rund 6 x 3 m große und 6 mm dicke Isolierglaseinheit wurde nur über den integrierten, hochfesten primären Acrylkleber verklebt. Die Einheit wurde an einer Seite mit Vakuumsaugern angehoben und der Abstandhalter gab während der 30-minütgen Testphase keinen Millimeter nach. Der Versuch zeigt: Diese zusätzliche Haftebene entlastet die primäre PIB-Dichtung, die somit ausschließlich als Wasserdampf- und Gasbarriere zur Sekundärdichtung fungiert.
Im sogenannten Dade-Country Hurricane-Test (einem US-basierten Test) hielten die Einheiten Windgeschwindigkeiten von 350 km/h bei positivem Winddruck und von fast 400 km/h bei Sogwirkung stand. Der Test endete nicht aufgrund einer fehlerhaften Glaseinheit, sondern wurde gestoppt, weil der Prüfstand keine höheren Windlasten produzieren konnte.
Hebel 2: Variabilität und Flexibilität
Eine Mischung aus Serienfertigung und Individualfertigung sowie aus Automatisierung und manuellen Tätigkeiten zum Beispiel für das Handling und die Montage von Scheiben und Abstandhaltern kennzeichnet die Situation in vielen europäischen Isolierglasbetrieben. Der Trend zu großflächigen Panoramascheiben sowie zu freigeformten und gebogenen Gläsern erhöht zusätzlich die Komplexität in der branchentypischen Variantenfertigung. Dies bedeutete traditionell, dass ein großer Vorrat an verschiedenen Abstandhaltersysteme vorgehalten werden musste: vom preisgünstigen Edelstahlprofil über rigide Hohlprofile aus Kunststoff bis hin zu flexiblen Abstandhaltern, die ihre Vorteile vor allem bei der automatisierten Fertigung ausspielen. Wir verfolgen bei Edgetech/Quanex schon immer die Philosophie „einer für alles“. Super Spacer® Abstandhalter aus flexiblem Schaumstoff eignen sich für die manuelle Applikation bei Sonderanfertigungen, die automatische Verarbeitung im Randverbund klassischer Fenster mit und ohne innenliegende oder außen montierte Sprossen, Isolierglaseinheiten in Structural Glazing-Fassaden sowie für warm und kalt gebogene Isoliergläser. Darüber hinaus verträgt sich der Strukturschaum mit allen gängigen Dichtstoffen wie Hot Melt Butyl, Polyurethan, Silikon und Polysulfid. Last, but not least, können Isolierglaseinheiten mit Super Spacer® Abstandhalter direkt nach der Verarbeitung gehandhabt, verpackt und im Außenbereich gelagert werden, da das integrierte Trockenmittel die Scheibenzwischenräume sehr schnell trocknet.
Der Mehrpreis für Super Spacer® Abstandhalter liegt pro Laufmeter im niedrigen Centbereich. Edgetech empfiehlt daher bei jeder Investitionsentscheidung das erhebliche Einsparpotenzial an anderer Stelle mit einzubeziehen. Auch Unterschiede im Energieverbrauch, den die verschiedenen Abstandhalter-Technologien mit sich bringen, werden in Zeiten steigender Energiepreise immer wichtiger.
Hebel 3: Automatisierung
Seit Henry Ford ist uns der Gedanke der „Economies of Scale“ in Fleisch und Blut übergegangen. Durch größeren Output senken wir unsere Stückkosten. Automatisierung zur Effizienzsteigerung lohnt sich nach dieser Maxime erst ab größeren Produktionsmengen. Die Digitalisierung ermöglicht für die Isolierglasfertigung aber jetzt ebenso das Gegenteil: Wir nutzen Verbundeffekte, die sogenannten „Economies of Scope“. Die Kosten werden gesenkt, indem wir die Produktionslandschaft, die Prozesse und die Infrastruktur so optimieren, dass wir sie für die Fertigung artverwandter Produkte bis hinunter zu Losgröße 1 nutzen können. Schneller, effizienter und kundenspezifischer zu produzieren, wird auch für KMU ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Im besten Fall ist es der Isolierglaslinie egal, ob auf eine Rechteckscheibe eine trapezförmige folgt oder eine 3-fach auf eine 2-fach Isolierglaseinheit, das ERP-System stellt alle notwendigen Informationen bereit und kümmert sich um die digitale Organisation von Auftragsabwicklung, Arbeitsvorbereitung, Materialbereitstellung, Handling und Logistik. Diese in der Theorie unbegrenzte Vielfalt zwingt uns dazu, die Komplexität weitestgehend zu reduzieren.
Auf unser Thema, die Abstandhalter heruntergebrochen, bringen auch hier flexible Produkte das größte Potenzial. Weniger Maschinen und der Wegfall von platzraubenden Magazinen für die Bereitstellung der unterschiedlichen, 6 m langen Profile, und der Wegfall von Handlingschritten reduzieren den Maschinenpark, den Flächenbedarf, Lagerbedarf und Personalbedarf im Vergleich zur Verarbeitung rigider Spacer. Die Applikation flexibler Spacer erfolgt direkt in der Isolierglaslinie. Super Spacer® können über einen Doppelkopf-Applikator in verschiedenen Breiten unterbrechungsfrei und vor allem millimetergenau aufgebracht werden – ohne dass sie zwischen der Glaswaschmaschine und der Entnahmestation hinter dem Versiegelungsroboter von einer einzigen Hand berührt werden. Da sie werkseitig bereits mit Trocknungsmittel, Barrierefolie und strukturellen Acrylkleber ausgestattet sind, unterstützen sie automatisierte Prozesse und stellen eine hohe Fertigungsgenauigkeit und -qualität insbesondere bei großformatigen 3-fach-Isoliergläsern sicher.